Interview mit Gunter Schöbel
Im Rahmen unserer Ausstellung „… und sowas schmeißen die weg?!“ schrieben wir einige Kuratorinnen verschiedener Museen und Sammlungen an und baten sie anhand von sechs Fragen sich zum Thema ‚Entsammeln‘ zu äußern. Diese Fragen hingen von der grundsätzlichen Bereitschaft des Museums ab, zu entsammeln, sodass wir zwei Fragebögen erstellten: Pro und Contra.
Diesem Interview stellte sich Gunter Schöbel, Museumsdirektor des Pfahlbaumuseums Unteruhldingen, der auch bereit war, uns Objekte aus der Vojkffy-Sammlung für unsere Ausstellung in der Universitätsbibliothek zu überlassen.
Beschreiben Sie kurz Ihre tägliche Arbeit und die Sammlung, die Sie betreuen.
GS: Die Sammlung des Pfahlbaumuseums besteht aus ca. 120.000 archäologischen Funden, zwischen 1.000.000 und 2.000.000 Schriftstücken, Fotografien, ethnologischen und volkskundlichen Objekten. Überblick hierzu: http://www.pfahlbauten.de/forschungsinstitut/index.html

Worin besteht Ihr Sammlungskonzept und was passiert, wenn Ihnen Objekte überlassen werden, die dem nicht entsprechen?
GS: Das Sammlungskonzept beruht auf der Grundausrichtung, die durch die Satzung des Vereins für Pfahlbau- und Heimatkunde e. V., des Trägervereins für Museum und Forschungsinstitut, vorgegeben ist. Funde aus dem Bereich der prähistorischen Pfahlbauten, Archäologie Südwestdeutschlands, Objekte, Schriftstücke, Dokumentationen, Abbildungen oder Fotografien mit Bezug zur Regionalgeschichte werden gesammelt. Ethnologische Vergleichsstücke werden dann der Sammlung angegliedert, wenn sie Bezug zu den prähistorischen Pfahlbaufunden haben, indem sie ihre Funktion beleuchten können.
Wann und was war der letzte konkrete Fall, bei dem Sie entsammelt haben?
GS: Dies geschieht im Rahmen der Archiverschließung fortlaufend und betrifft alle Archivbereiche von der Bibliothek bis zum Fundarchiv.
Christoph Graf von Vojkffy war ein Sammler und Teilnehmer an Ausgrabungen seit den 1920er Jahren. Er war ein autodidaktisch im Bereich der Vorgeschichte gebildeter Mann, der um seinen Altersitz in Schloss Zeil herum in den 1950er und 1960er Jahren zunehmend Objekte bei Feldbegehungen aufsammelte. Wenn auch einige Artefaktcharakter haben, hier vornehmlich aus den frühen Sammelphasen, so stammen spätere zunehmend aus dem Umfeld einer Bahnlinie und wurden bei den Archivbearbeitern als „Vojkffy-Schotter“ erkannt und ausgeschieden.
Aus welchen Gründen und in welchem Umfang entsammeln Sie?
GS: „Entsammelt“ wird in Fällen, in denen die Objekte erkennbar keinen kulturgeschichtlichen Wert haben oder nicht dem Sammlungskonzept entsprechen.
Wie dokumentieren Sie entsammelte Objekte und was passiert danach mit ihnen?
GS: Diese Objekte werden in der Fundliste mit dem Vermerk: „Aus der Sammlung ausgeschieden“ versehen und danach entsorgt oder weiter gegeben.
Was ist Ihre persönliche Meinung zum Thema „Entsammeln“?
GS: Das ist ein notwendiger Vorgang, um die Sammlungsstrategie zu erhalten, die Erschließungsaufgabe und Konservierung leisten zu können und auch Raum für Neuzugänge zu ermöglichen.