Interview mit Johanna Kontny
Im Rahmen unserer Ausstellung „… und sowas schmeißen die weg?!“ schrieben wir einige Kuratorinnen verschiedener Museen und Sammlungen an und baten sie anhand einiger Fragen sich zum Thema ‚Entsammeln‘ zu äußern. Diese Fragen hingen von der grundsätzlichen Bereitschaft des Museums ab, zu entsammeln, sodass wir zwei Fragebögen erstellten: Pro und Contra.
Diesem Interview stellte sich Johanna Kontny, Mitarbeiterin des Museums Geologie/Paläontologie der Universität Heidelberg, die auch bereit war, uns Artefakte für unsere Ausstellung in der Universitätsbibliothek zu überlassen.
Beschreiben Sie kurz Ihre tägliche Arbeit und die Sammlung, die Sie betreuen.
JK: Wenn eine Sammlung betreut und gepflegt wird, so ist fortlaufend eine Durchsicht der Sammelobjekte notwendig. Sind die Sammelobjekte noch in einem guten Zustand, wird ergänzt oder neu beschriftet, sind sie staubgeschützt oder muss entsammelt werden? Bei mehr als 300.000 Sammelstücken ist dabei ein Fachwissen zur Ablage in Abstimmung auf das Sammlungskonzept notwendig.

Worin besteht Ihr Sammlungskonzept und was passiert, wenn Ihnen Objekte überlassen werden, die dem nicht entsprechen?
JK: Bei der Geologisch-Paläontologischen Sammlung, die ich momentan betreue, handelt es sich um größtenteils alte Sammlungen, die bereits älter als 100 Jahre sind und im Lauf der Zeit erweitert wurden. Hierbei wurde ein Konzept erarbeitet, das Sammlungsstücke nach Epochen (Präkambrium bis Quartär) im Magazin einordnet und somit einen vereinfachten Zugriff (Bedarf bei Forschung und Lehre) ermöglicht. Hinzu kommt eine große Sammlung aus der Regionalen Geologie (z. B Odenwald, Schwarzwald). Eine Besonderheit ist die Originalien-Sammlung mit einer großen Anzahl an Holotypen. Dabei darf der Homo heidelbergensis nicht fehlen. Fast alle „Neuzugänge“ konnten in die bereits bestehende Sammlung einsortiert werden. Überlassene Objekte, die in das Sammlungskonzept nicht hineinpassen, werden entsammelt und z. B. an Schulen, die kleine Unterrichtssammlungen aufbauen, abgegeben.
Wann und was war der letzte konkrete Fall, bei dem Sie entsammelt haben?
JK: Im letzten Jahr 2017 wurde eine große Sammlung (1910–1980, Doktorarbeiten) nach Karlsruhe ausgelagert (Staatliches Museum für Naturkunde). Eine weitere, große Sammlung (Ammoniten aus Brasilien, ca. 8 t) wurde wieder an den Entleiher – Museum/Uppsala – zurückgeführt.
Aus welchen Gründen und in welchem Umfang entsammeln Sie?
JK: Neue Forschungsgebiete am Institut erfordern Platz. Gründliche und sorgsame Überlegungen welche Sammlungsobjekte ausgelagert werden können, rücken dabei in den Fokus. Beim Entsammeln wird in erster Linie darauf Rücksicht genommen, dass diese Sammelobjekte im Land Baden-Württemberg an entsprechende Universitäten untergebracht werden oder an andere Museen, die an diesen Objekten aktiv Forschung betreiben. Der Umfang des Entsammelns ist momentan überschaubar, aber noch nicht abgeschlossen.
Wie dokumentieren Sie entsammelte Objekte und was passiert danach mit ihnen?
JK: Da die bisher entsammelten Objekte sehr gut dokumentiert waren, bestehen dazu Kopien, die in unseren Unterlagen einzusehen sind. Außerdem werden die in anderen Einrichtungen aufgenommenen Sammlungen dort dokumentiert und sind daher jederzeit zugänglich.
Was ist Ihre persönliche Meinung zum Thema „Entsammeln“?
JK: Entsammeln wird wichtig, da eine Anpassung an Forschung und Lehre notwendig ist. In jedem Fall soll Achtsamkeit und Sorgfalt gegenüber Sammlungen mit ihren Unikaten, Besonderheiten und Einmaligkeiten, eine wichtige Rolle spielen müssen. Dabei dürfen Raum und Personal nicht geopfert werden.