Interview mit Sara Doll

Interview mit Sara Doll

Im Rahmen unserer Ausstellung „… und sowas schmeißen die weg?!“ schrieben wir einige Kuratorinnen verschiedener Museen und Sammlungen an und baten sie anhand einiger Fragen sich zum Thema ‚Entsammeln‘ zu äußern. Diese Fragen hingen von der grundsätzlichen Bereitschaft des Museums ab, zu entsammeln, sodass wir zwei Fragebögen erstellten: Pro und Contra.
Diesem Interview stellte sich Sara Doll, Mitarbeiterin der Anatomischen Sammlung der Universität Heidelberg.

Die Sammlungsbetreuerin der Anatomischen Sammlung der Universität Heidelberg Sara Doll (Foto: Marc Weidenhüller)

Beschreiben Sie kurz Ihre tägliche Arbeit und die Sammlung, die Sie betreuen.
SD: Ich bin Saisonarbeiterin: Im Sommersemester arbeite ich an und in der Sammlung, im Wintersemester widme ich mich dem makroskopischen Präparationskurs und der Virtuellen Anatomie.

Das Präparat der Anatomischen Sammlung der Universität Heidelberg zeigt die Impetigo contagiosa, eine ansteckende Hauterkrankung (Foto: Sara Doll)

Worin besteht Ihr Sammlungskonzept und was passiert, wenn Ihnen Objekte überlassen werden, die dem nicht entsprechen?
SD: Wir übernehmen keine Objekte, die nicht dem Konzept entsprechen. Wir bekommen manchmal Präparate angeboten, die zwar ins Konzept passen würden, deren Herkunft aber nicht klar dokumentiert werden kann. Diese lehnen wir aus ethischen Gründen strikt ab.
Unsere Sammlung ist öffentlich zugänglich und beinhaltet als Lehr- bzw. Lernsammlung und Forschungseinrichtung hauptsächlich Feuchtpräparate, Modelle und Abbildungen. Sie präsentiert wissenschaftsgeschichtlich relevante Objekte, die nicht nur Forschungsstationen des Hauses nachzeichnen, sondern darüber hinaus sind ihre Modelle Referenzobjekte, welche die Entwicklung bestimmter Modellbau-Techniken aufzeigt. Alle drei Objektgruppen werden im Wahlfach-Seminar „Die Sprache der Dinge“ aufgearbeitet.

Aus welchen Gründen wird in Ihrer Institution nicht entsammelt?
SD: Selbst Objekte, die in unserer momentanen Vorstellung nicht „ordentlich“ sind, können so wie sie geworden sind, einer wissenschaftliche Aussage entsprechen. Entsammelt würde nur, wenn ein Objekt komplett zerstört wäre, wenn eine Gefahr von ihm ausgehen würde (z.B. Quecksilber-Injektion) oder aus ethischen Gründen (z.B. Zurückführung von Schädeln an indigene Völker) eine Abgabe nötig wäre. Gott sei Dank haben wir aber keine solchen Objekte.

Schädel aus der Anatomischen Sammlung der Universität Heidelberg (Foto: Sara Doll)

Gibt es Altbestände, die dem Sammlungskonzept nicht entsprechen, Platzmangel oder andere Gründe, die für das Entsammeln sprechen würden?
SD: Nein. In unserer Sammlung gibt es das nicht. Alle Bestände belegen entweder die historische Durchführung des Unterrichts oder Forschungsschwerpunkte.

Begegnet Ihnen bei Ihrer Arbeit das Konzept des Entsammelns?
SD: Nein. Siehe oben.

Was ist Ihre persönliche Meinung zum Thema „Entsammeln“?
SD: Nur wer die Geschichte einer Sammlung genau kennt, sollte sich über das Entsammeln Gedanken machen!!!!! Sollte dies tatsächlich notwendig werden ist es wichtig, Dinge nicht „unter der Hand verschwinden zu lassen“… Nachfolgende Generationen müssen sich sonst mit hoher Wahrscheinlichkeit bei der wissenschaftlichen Aufarbeitung eines ehemaligen Bestandes mit völlig überflüssigen Problemen beschäftigen – oder finden im schlimmsten Fall gar nichts mehr. Ich habe die Geschichte des Instituts für Anatomie und Zellbiologie aufgearbeitet und weiß leider sehr genau, wovon ich spreche.

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